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Mit falschem Pass und Zyankali

Retter und Gerettete aus Frankfurt am Main in der NS-Zeit
Buch kartoniert, 200 Seiten
1. Auflage 2009
ISBN: 978-3-89657-135-9

19,80 

Lieferzeit: 3–4 Tage

Die Autorin erzählt ähnlich wie der Schindler-Film etwas Positives aus der Hitlerzeit: uneigennütziges Engagement unter dauernder Lebensgefahr.

Info für Buchhandel: nur beim Verlag erhältlich

In Deutschland tauchten nach Abschluss der großen Deportationen 1942 geschätzte 12.000 Juden unter, von denen ca. 5.000 überlebten. Sie überlebten im Land oder konnten ins Ausland gebracht werden. Die Geschichten dieser Rettungen sind unbekannt oder nur in Bruchstücken bekannt. «Mit falschem Paß und Zyankali» erzählt zum ersten Mal die Rettungsgeschichten von 70 Juden, «Halbjuden», Juden in «Mischehen» und sogenannter «Geltungsjuden» in und um Frankfurt am Main. « Flucht mit falschem Paß und Zyankali» handelt im Schatten von Auschwitz. Für die SS war es ein Restposten, der abgearbeitet werden musste, für die Betroffenen ein Versteckspiel auf Leben und Tod. Die Autorin hat 200 Fälle von geretteten Juden in Frankfurt recherchiert, 70 davon für das Buch ausgewählt und aufgearbeitet und in den historischen Zusammenhang gestellt.
Das Buch erzählt von Rettern und Geretteten und die Art, wie sie zueinander kamen, Verstecke, Fluchtwege in die Schweiz, die Niederlande und nach Frankreich. Meist war es eine «Pfarrhauskette», über die die Verfolgten unter ständiger Angst vor Kontrollen in Etappen von bis zu 40 km flohen.
Zu den Untergrundmethoden gehörten dutzendfache Umzüge, falsch ausgefüllte Fragebögen, gefälschte «Kennkarten» und erschlichene Postausweise.
An jeder Fluchtaktion waren Dutzende von Menschen beteiligt, vom Handwerker bis zum Zellenwart, der einen Wink gab und dem Kriminalbeamten, der vor Aktionen der Gestapo warnte, oder die Frau eines KZ-Wächters, die Nachbarn warnte, während des Heimaturlaubs ihres Mannes den Mund zu halten.
Das Buch endet mit der Geschichte der Retter nach 1945. Sie sprachen nicht über ihre Taten. Sie hatten ihre menschliche Pflicht getan und wollten nicht als Helden gefeiert werden. Was sie getan haben, waren Rettungen um der Rettung willen, ohne den möglichen Blick auf später zu würdigende Verdienste, ohne gesellschaftliche Alternative (wie sie die Fluchthelfer aus der DDR hatten). Sie schwiegen auch in ihren Familien. Was sie zu erzählen gehabt hätten, hätte in der restaurativen Adenauerzeit falsche Reaktionen hervorgerufen.
Die Autorin vermeidet Heldenattitüden, erzählt aber ähnlich wie der Schindler-Film etwas Positives aus der Hitlerzeit: uneigennütziges Engagement unter dauernder Lebensgefahr.

Medienstimmen

Der Autorin ist eine ebenso spannende wie wichtige Studie zur Regionalgeschichte geglückt, die als Dokument von Zivilcourage in Zeiten einer Diktatut auch überregional breites Interesse verdienzt hat.
Lutz Lemhöfer in «Publik-Forum», 10/2011
Retter wie Gerettete hinterließen so gut wie keine Spuren, die Mehrzahl der ohnehin raren Augenzeugen ist nicht mehr am Leben. Dennoch gelang es Bonavita, 60 in Frankfurt verfolgten Frauen und Männern sowie ihren Helfern Gesicht und Stimme zu geben.
Doris Stickler in «Evangelische Sonntagszeitung», 45/2009
Die Geschichtswissenschaft widmete sich vor allem und zu Recht der Geschichte der Opfer und der Täter während der Zeit des Nationalsozialismus. Die Geschichte der Retter und Geretteten trat zurück. Die Soziologin Petra Bonavita würdigt nun in ihrer hervorragenden Studie die Frankfurter und Schweizer Retter sowie Geretteten.
Rudolf Walther in Tages-Anzeiger, 2.12.2009
Die freischaffende Soziologin und Autorin Petra Bonavita hat in mehrjähriger intensiver und hartnäckiger Recherche ein bisher nur in Ansätzen bekanntes Kapitel der Frankfurter Nazi-Zeit bearbeitet und in sehr ansprechender Weise dargestellt. Der Untertitel «Retter und Gerettete aus Frankfurt am Main in der NS-Zeit» hebt das Spannende an diesem Buch hervor, nämlich die Zusammenfügung der Motive, Handlungen und Netze derjenigen, die Juden und als Juden Verfolgten geholfen haben, mit dem Schicksal der Geretteten.
Helga Krohn in «Einsicht. Bulletin des Fritz Bauer Instituts», 03
Petra Bonavita hat ein Lesebuch geschrieben, das viele unbekannte Seiten Frankfurts ans Licht bringt. Retter und Gerettete werden gewürdigt und viele der damaligen Täter benannt. Noch längst sind nicht alle Geschichten erzählt. Gabriele Prein in «Informationen.
Wissenschaftliche Zeitung des Studienkreises Deutscher Widerstand 1933–1945», Nr. 71
Petra Bonavita bricht dieses wechselseitige Schweigen. Ihr Buch lässt ahnen, wie schwierig die Recherche war. Die Arbeit an der Erinnerung muss sich auch gegen die Scham der Überlebenden durchsetzen. Auschwitz fällt als Schatten über das ganze Buch. Es erliegt nicht der Versuchung, den Massenmord durch in gutes Licht gesetzte Heldentaten einzelner Retter auch nur im Mindesten zu konterkarieren. Mit falschem Pass und Zyankali ist aktuell. Das Buch gibt reale Beispiele der Zivilcourage, die durch die heutigen Sonntagsreden geistert. Es ist verständlich geschrieben, ohne zu vereinfachen, wo die Zusammenhänge komplex sind. Das gibt dem Buch einen didaktischen Wert. Die Rampe in Auschwitz ist weit weg von der heutigen Generation, und die Frage: was hättest du dort gemacht? hat für die Heutigen ihren Sinn verloren. Der Konflikt eines Menschen, vor dessen Tür eine gefährdete Person steht, ist auch heute vermittelbar.
Dieter Maier in NMRZ/Nürnberger Menschenrechtszentrum
Petra Bonavita hat die Steinchen, die sich schließlich zu einem Mosaik zusammenfügen, in mühsamer, jahrelanger Kleinarbeit gesammelt. Die Autorin hat die Retter in Frankfurt und ihre Helfer in der Schweiz in die Erinnerung zurückgeholt. Dafür gebührt ihr Dank.
Ralph Wagner in KommBuch – Buchempfehlungen 2010/11

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