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Die braune Saat

Antisemitismus und Neonazismus in der DDR
Buch kartoniert, 380 Seiten
2017
ISBN: 978-3-89657-153-3

22,80 

Lieferzeit: 3–4 Tage

Harry Waibel belegt, dass die DDR einen Antifaschismus etablierte, der gegenüber dem sich immer bedrohlicher ausweitenden antisemitischen und neonazistischen Phänomen die Augen verschloss und den latenten und manifesten Antisemitismus durch die Ideologie des Antizionismus vertuschte. Hinzu kommt, dass Entnazifizierung in der SBZ/DDR ─ ähnlich wie in Westdeutschland ─ oberflächlich war und zu schnell abgebrochen wurde.

Seit der Vereinigung gab es in den neuen Bundesländern ─ relativ zur Zahl der Bevölkerung ─ 2- bis 3-mal mehr rechte Propaganda- und Gewalttaten als im Westen. Ein Phänomen, das nicht zuletzt auf eklatante Defizite des DDR-Systems zurückgeht. Die SED hatte einen Antifaschismus etabliert, der gegenüber dem sich immer bedrohlicher ausweitenden antisemitischen und neonazistischen Phänomen die Augen verschloss und den latenten und manifesten Antisemitismus durch die Ideologie des Antizionismus vertuschte. Hinzu kommt, dass Entnazifizierung in der SBZ/DDR ─ ähnlich wie in Westdeutschland ─ oberflächlich war und zu schnell abgebrochen wurde.
Harry Waibel belegt diese und weitere Defizite anhand von etwa 7.000 mündlichen oder schriftlichen Angriffen von Neonazis bzw. Antisemiten in der DDR und propagandistischen Verherrlichungen des nationalsozialistischen Groß-Deutschlands. Hinzu kommen etliche Schmierereien von Hakenkreuzen und SS-Runen auf Straßen, Plätzen und an Gebäuden sowie über 900 antisemitische Vorfälle. Seit den 1960er Jahren fanden etwa 200 Pogrome bzw. pogromartige Angriffe in über 110 Städten und Gemeinden der DDR statt.
Die vorwiegend männlichen Akteure sind, entweder als individuelle Täter oder in Gruppen, auf allen gesellschaftlichen Ebenen, so in den meisten Schulformen und unter den jungen Arbeitern zu finden. Zu den Neonazis gesellten sich ab Ende der 1970er Jahre Skinheads. Zu ihnen stießen gewaltbereite Fußball-Anhänger, die so genannten Hooligans.
Zusammen mit den Skinheads entwickelten sie eine öffentliche, schlagkräftige Militanz, die in den politisch motivierten Straßenschlachten gegen die Sicherheitskräfte sichtbar wurde. Der Neonazismus in der DDR bestand aus mehreren Elementen und war ab Mitte der 1980er Jahre für die SED nicht mehr zu beherrschen.
Die Informationen zum Buch stammen großteils aus bisher nicht gesichteten Materialien aus den Archiven des Bundesbeauftragten für die Unterlagen des Ministeriums für Staatsicherheit, der ehemaligen DDR (BStU), die in der Regel als «geheim» deklariert waren.

Wer sich darüber hinaus gern intensiver mit der Thematik des Antisemitismus und Neonazismus in der DDR beschäftigen möchte, dem empfehlen wir unsere
inhaltlich erweiterte und aktualisierte e-Dokumentation zum obigen Titel. Die e-Dokumentation bietet sowohl eine kompakte Materialzusammenstellung über das gesellschaftliche Auftreten von Hooligans und Neonazis in der DDR als auch über alltägliche Konfrontationen gegenüber den Streitkräften der sowjetischen GSSD. Den sich anschließenden Schwerpunkt bildet eine chronologisch und nach Bezirken der DDR geordnete Auflistung von einschlägigen Vorfällen. (siehe unten bei ergänzende Titel)

Medienstimmen

«Harry Waibel, geb. 1946 im badischen Lörrach, gehört zu den namhaftesten Forschern und Publizisten zu diesem Problemspektrum. Er promovierte am Zentrum für Antisemitismusforschung an der TU Berlin bei Wolfgang Benz und Reinhard Rürup und hat sich seit 1996 in zahlreichen Büchern, Aufsätzen etc. zu Wort gemeldet. Wer verstehen will, warum «der Osten», also die ehemalige DDR bzw. ein nicht geringer Teil der in ihr und durch ihren Einfluss Sozialisierten, anders tickt als «der Westen», kommt an Harry Waibels Analysen und Urteilen nicht vorbei. Ihn zu übergehen wäre eine sträfliche Unterlassungssünde.»
Holger Czitrich-Stahl auf globkult.de

«Das autoritäte System der sozialistischen Diktatur begünstigte grundsätzlich autoritäre Charaktere, förderte die Blockwartmentalität und forderte die Anpassung an die Norm. Fremdes hatte darin keinen Platz … Diese mentalen, ideologischen und geschichtlichen Voraussetzungen mögen erklären, warum noch heute der militante Rassismus in den fünf neuen Bundesländern deutlich stärker ausgeprägt ist als im Westen. Das gilt sowohl für fremdenfeindliche Einstellungen wie auch für Angriffe auf Ausländer, Flüchtlinge und deren Einrichtungen. Die Zahl der Angriffe lag in der ehemaligen DDR, gemessen an der Bevölkerungszahl, in den letzten Jahren mindestens drei- bis fünfmal höher als im Westen. Forschungen wie die von Harry Waibel zeigen,dass diese Entwicklung nicht nur auf die sozio-ökonomischen Verwerfungen der Nach-Wende-Zeit zurückgeht, sondern zu einem wichtigen Teil Erbe der DDR ist.»
Dominique Eigenmann in «Tages-Anzeiger», 17.3.2018

«Wer einen an Hand von Archivunterlagen empirisch abgesicherten Einblick bekommen mag in «gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit» in der DDR, speziell Antisemitismus, Rassismus und Neonazismus, wird hier bestens mit Fakten und Erkenntnissen bedient, die auch belegen, dass der «Antifaschismus» der DDR-Führung und -Ideologie versagt hat…»
Hartmut M. Griese, «socialnet.de»

«Gegen die notorischen Versuche, die DDR von Antisemitismus oder Rechtsextremismus freizusprechen, hat Waibel unwiderlegbare Beweise vorgelegt, dass die rechte Gefahr im sozialistischen Deutschland ebenso existierte wie im kapitalistischen Westen und dass sie hier wie dort eine für Menschen zum Teil lebensbedrohliche Dimension annahm. Nach der Lektüre von Die braune Saat lässt sich zudem kaum bestreiten, dass die staatlichen Behörden, die Polizei, die Stasi, diese Gefahr verdrängt und verschleiert haben und somit die DDR ihrem antifaschistischen Anspruch nicht gerecht wurde.»
Olaf Kistenmacher auf «rote-ruhr-uni.com»

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