Vermutlich ist es vielen schon so ergangen: Interessiert blickt mensch im Buchhandel auf zwei Bücher gleichen Umfangs, gleicher Ausstattung, gleicher Seitenzahl und fängt sich an zu wundern, wie unterschiedlich doch die Preise sind. Der Verdacht drängt sich auf, hier würde in dem einen Fall unzulässig tief in die Brieftasche des Kunden gegriffen. Das kann schon mal so sein, wir wollen hier keinen Heiligenschein über allen Verlagen aufleuchten lassen. Jedoch hat es in den meisten Fällen schon einen nachvollziehbaren Hintergrund. Um diesen besser einschätzen zu können, sind ein paar grundsätzliche Kenntnisse zur Preisgestaltung nützlich.
Würfeln nun die Verlage die Ladenpreise aus oder wie kommen sie zu diesen?
Grundsätzlich gilt, der Preis eines Buches muss unterschiedlichste Kostenansprüche erfüllen:
So muss Umsatzsteuer ans Finanzamt abgeführt werden (7%).
Der Buchhandelsrabatt kann 40-53% betragen, je nach Vertriebsweg und Art des Buches. Hier geht der größte Batzen weg, mit steigender Tendenz, denn der (Zwischen-)Handel spielt immer mehr sein Gewicht aus.
Die AutorInnen sollen nicht verhungern und erhalten Honorare (so um die 8%), leider zählen diese in der Gesellschaft häufig trotzdem zu den Schlanksten.
Weiter gibt es externe Dienstleister für den Buchvertrieb; das können VertreterInnen und eine Buchauslieferung sein (12-20%).
Auch die Druckerei wird nicht umsonst arbeiten – hier geht es vorrangig um die Kosten des Papiers, des Drucks und der buchbinderischen Verarbeitung (ca. 12%).
Last but not least ist da noch der Verlag selbst mit seinen Ausgaben für Werbung, Lektorat, herstellerische Betreuung und seinen Allgemeinkosten (in denen dann natürlich auch der Profit steckt).
So weit so gut, jedoch erklärt all dies noch nicht die Preisunterschiede, wenn davon ausgegangen werden kann, dass es korrekt zugeht, denn auch das Buch mit dem niedrigeren Ladenpreis muss all diese Kostensegmente befriedigen. Das Geheimnis liegt darin, worauf diese prozentualen Kostenelemente bezogen werden. Wir wollen es hier verraten: Es ist der Stückpreis (oder auch Stückkosten).
Jetzt stellt sich die Frage: Was soll dieser sein? Er ist der Preis, zu dem der Verlag das Buch von der Druckerei kaufen kann, also der Druckpreis bezogen auf ein einzelnes Exemplar. Hier liegt die Crux: Der Stückpreis sinkt, je mehr Exemplare gedruckt werden; dieses Phänomen wird Stückkostendegression genannt (der Fordismus lässt grüßen). Warum sinkt nun der Preis, wenn mehr gedruckt wird – ökologischer wäre es allemal, er würde steigen, denn mehr Bücher bedeuten auch, mehr gefällte Bäume, aber das ist eine andere, eine ökologische Geschichte; wir befinden uns hier im Kapitalismus.
Die Stückkostendegression kommt zustande, da die Druckkosten aus einem fixen und einem variablen Anteil bestehen. Die fixen Kosten sind immer gleich, egal wie hoch die Auflage ist. Für eine Übersetzung eines fremsprachlichen Werkes, die Druckplatten oder das Einrichten der Maschinen muss immer der gleiche Betrag bezahlt werden, unabhängig davon, ob 1000 oder 2000 Exemplare gedruckt werden. Dagegen sind die variablen Kosten von der Auflagenhöhe abhängig: Je mehr gedruckt wird, desto höher die Kosten für Papier, Farbe, Arbeitszeit…
Je höher die Auflage ist, auf umso mehr einzelne Exemplare kann der Block der Fixkosten umgelegt werden und umso geringer werden die Kosten für das einzelne Exemplar – das nennt sich Stückkostendegression!
Wenn also mehr gedruckt wird, sinkt der Stückpreis als Basis, auf die alle anderen Kosten bezogen werden. Und das Buch kann somit billiger angeboten werden. So erklärt sich, wie Gleiches zum ungleichen Preis kommt. Es lässt sich einem Buch eben nicht ansehen, wie hoch seine Auflage ist, aber diese beinflusst als unsichtbarer Agent den Preis. Und er sorgt somit oftmals für Ärger am Buchregal, wo vermeintlich Gleiches nicht gleich sein will.